
Endlich wieder Grünkohl! Fans haben fast ein Jahr auf den Saisonstart gewartet. Sternekoch André Münch verrät unserem Autor Dirk Burchardt heute seine spezielle Zubereitung des Kultgerichts. Aber auch die Kunst, Bratkartoffeln wirklich kross zu braten.
„Ja, genau! Das ist wie bei Steinpilzen oder Spargel...“, stimmt der Sternekoch zu. „Da hat man einen richtigen Jieper drauf!“ Wir legen sofort los. Aber darf Grünkohl nicht erst nach dem ersten Frost geerntet werden? „Nein! Grünkohl kann zwar als Wintergemüse Temperaturen bis zu -10°C ab. Das ist aber kein Muss.“
André Münch erklärt: „Je kälter es ist, desto langsamer ist der Stoffwechsel und in den Blättern bildet sich mehr Zucker. So schmeckt der Kohl weniger bitter, dafür aromatischer.“ Unterdessen haben wir fleißig die Blätter kleingezupft – dabei plaudert es sich so gut.
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„Das Schnippeln, Schälen und so weiter war auch früher Tradition, das ist schön gewesen mit der Oma“, erinnert sich der 45-Jährige. „Du hast dabei erzählt, wie war’s in der Schule, was hast Du für Sorgen. Es ist halt das Schöne: Essen verbindet – und Kochen sowieso!“
Grünkohl vorher blanchieren, damit Bitterstoffe entweichen
Und wie gelingt der Grünkohl nun am besten? Hier gibt es laut Münch ein paar Sachen zu beachten. Zum Beispiel, dass man den Grünkohl vorher blanchiert, damit die Bitterstoffe rausgehen und der Kohl gleich Geschmack bekommt, wenn man ihn salzt. Dann geht es im Grunde recht zügig, da wir ja die Stiele vorher abgezupft haben.
„Viele meinen ja, dass der Grünkohl auch Braunkohl heißt, weil er lange gekocht werden muss und seine Farbe dadurch ins Gräulich-Bräunliche geht“, sagt der Chef de Cuisine. „Das ist aber nicht so. Wenn man ihn so macht wie wir hier, bleibt der richtig grün.“
André Münchs Spezialität: „Ich mag gern Senf mit drin haben“
Und Andre Münch hat da auch noch eine Spezialität: „Ich mag neben angeschwitzten Zwiebeln und Speck sehr gerne Senf mit drin haben. Und wenn ich ein paar schöne Rauchwürste habe, würde ich zwei davon mit reinwerfen.“
Bei den Bratkartoffeln gibt es ebenfalls den ein oder anderen Trick. So, wie die meisten sie zubereiten, können die gar nicht knusprig werden. „Da müsste man die schon eher frittieren, damit die kross sind.“
Was machen die denn falsch? Die Reihenfolge, erklärt Münch. „Wenn ich erstmal Speck und Zwiebeln auslasse, habe ich ja schon Feuchtigkeit in der Pfanne. Wenn ich dann da drin meine Kartoffeln braten möchte, würde mir ja der Speck oder die Zwiebeln verbrennen, bevor die Kartoffeln wirklich kross sind. Weil die Zwiebeln ja drin sind, werden die dann eher matschig.“
Erst Pellkartoffeln anbraten, Speck und Zwiebeln separat auslassen
Korrekt ist also: erst die Pellkartoffeln (Tag vorher abkochen, dann kleben sie nicht so) anbraten, und erst danach die separat ausgelassenen Speck und Zwiebeln dazugeben, damit die gar nicht mehr so lange mit in der Pfanne braten. „Und ich habe als Clou noch etwas nachgebackene Röstzwiebeln mit Panko-Paniermehl – die geben nochmal einen richtig schönen krossen Kick. Dann fürs Auge noch etwas Schnittlauch oder Petersilie – perfekt!“
André Münch wurde 1977 in Castrop-Rauxel als Sohn einer Unternehmer-Familie geboren. Schon früh hat er durch den elterlichen Betrieb gelernt, dass man für seine Ziele hart arbeiten muss und einem nicht alles in den Schoß fällt. In seiner Freizeit hat er es genossen, mit seiner Oma und seiner Mutter zu kochen. Eigentlich wollte Münch Fotograf werden, aber durch Zufall kam er an eine Lehrstelle als Koch bei der Gastronomen-Familie Stromberg. Die hat sich schnell als „das Beste“ erwiesen, was ihm passieren konnte.
Nach seiner Ausbildung arbeitete der gebürtige Ruhrpottler bei renommierten Sterne-Köchen wie Holger Stromberg im „Goldschmieding“, Stefan Frank „Gutshaus Stolpe“, Mathias Buchholz „First Floor“, Ralf Bey „Orangerie“ in Brühl, Rolf Schmidt (2 Sterne) „Ange d´or“ und Jean Claude Bourgueil (3 Sterne) „Im Schiffchen“. 2007 erkochte er im Gutshaus Stolpe seinen ersten eigenen Stern, im Restaurant Saphir und jetzt im Restaurant der Butt ebenfalls. André Münch erwarb 2008 den Jagdschein, ein Jahr später den Fischereischein. Beides lässt sich kulinarisch sehr gut mit seinem Job ergänzen und spiegelt sich auch in seinen Gerichten wider.
Heute zählt André Münch mit einem Michelin-Stern, „3 roten Hauben“ (früher 18 Punkte) im Gault Millau und 9 von 10 Pfannen im Gusto Gourmetführer zu den besten Köchen des Nordens und der Ostseeküste.
Wie schon gesagt, ist das Gericht eher deftig. Da gehört auch Fleisch oder Wurst dazu. „Genau, und da man früher wegen der fehlenden Kühlmöglichkeiten meist erst im späten Herbst geschlachtet hat, bietet sich so einiges an. Neben dem Schmalz und Speck für den Kohl auch frisch gemachte Würste, Schweinebauch oder auch Kasseler.“ Letzteres kommt nach Münchs Einschätzung „wohl in ganz Deutschland mit auf den Teller“. Bei den Würsten sieht das regional schon ganz anders aus.
Bremen und Osnabrück sowie im Friesland kommt Pinkel dazu auf den Tisch
In den nordwestlichen Gebieten – also um Oldenburg, Bremen, Osnabrück und in Friesland – wird Pinkel gereicht. „Da lacht man drüber, aber es kommt nicht von ,pinkeln’ oder ,der feine Pinkel’, sondern von ,im Mastdarm zusammengedrückt’“, erklärt der Sternekoch. Laut Wikipedia gibt es aber für den Begriff doch eben auch Ableitungen vom ostfriesischen „pink“ für Penis beziehungsweise vom englischen „pinkie“ für den kleinen Finger.
Im Norden Koch- oder Mettwürste, in Hannover Bregenwurst zum Braunkohl
In anderen Regionen Niedersachsens – hauptsächlich im Braunschweiger Land und rund um Hildesheim und Hannover – sowie in Sachsen-Anhalt gehört eher die Bregenwurst (keine Angst: Schweinehirn ist da schon lange nicht mehr drin) zum Grünkohl. Dieser wird hier dann auch eher Braunkohl genannt. In Schleswig-Holstein und Hamburg hingegen schwört man neben Kasseler und/oder Schweinebacke eher auf Koch- oder Mettwürste.
Mit welcher Wurst auch immer – das Jahr ist endlich um. Lassen Sie sich den Grünkohl schmecken. Wir wünschen: Guten Appetit!
Welches Bier passt zum Grünkohl:

So wird's gemacht – die richtige Zubereitung
Grünkohl mit Bratkartoffeln und Feines aus dem Rauch
Rauchfond
⊛ 1 l Wasser
⊛ 4 Scheiben Kassler
⊛ 4 Rauch- oder Bregenwürste
Alle Zutaten heiß sieden lassen (nicht kochen, sonst platzen die Würste und Kassler verformt sich/wird trocken)
Zwiebelcrunch
⊛ 150 g Röstzwiebeln
⊛ 150 g Panko-Paniermehl
⊛ Salz, Pfeffer

Sowohl die Röstzwiebeln als auch das Panko-Paniermehl kross braun frittieren. Auf ein trockenes Tuch abtropfen lassen, mit den Gewürzen abschmecken.
Grünkohl
⊛ 2-3 EL Schmalz
⊛ 3 Zwiebeln (in Würfel geschnitten)
⊛ 150 g Bacon (Streifen schneiden)
⊛ 1-2 EL Senf (je nach Belieben und Geschmack)
⊛ 200 ml Rauchfond
⊛ 2 Mettwürste
⊛ 1 kg Grünkohl (putzen; blanchieren, damit Bitterstoffe weniger werden)
⊛ Salz, Pfeffer und gekörnte Gemüsebrühe zum Abschmecken

Schmalz auslassen, Speck und Zwiebeln darin anbraten, bis die Zwiebeln bräunlich werden. Nun mit Rauchfond ablöschen und diesen um 1/3 reduzieren lassen. Senf zugeben, anschließend den abgetrockneten und geschnittenen Grünkohl. Abschmecken und 2 Mettwürste zur Verfeinerung zugeben. Einmal aufkochen lassen und genießen.
Speck-Zwiebeln
⊛ 1 EL Schmalz
⊛ 1 Zwiebel (in Würfel geschnitten)
⊛ 60 g Bacon (in Streifen geschnitten)
⊛ Salz, Pfeffer
Speck und Zwiebeln in einer Pfanne auslassen, bis die Zwiebeln braun werden und mit Salz und Pfeffer würzen.
Bratkartoffelgewürzsalz
⊛ 100 g Meersalz fein
⊛ 1 Messerspize (Msp) Kümmel
⊛ 1 Msp Paprika
⊛ 1 Msp Muskatnuss
⊛ 1 Msp Kurkuma
⊛ 1 Msp Beifuss
⊛ 1 Msp Pfeffer
⊛ 1 Msp Curry
⊛ 1 Msp gekörnte Gemüsebrühe
Alle Zutaten miteinander vermischen.

Bratkartoffeln
⊛ 1-2 EL Schmalz
⊛ 300 g Pellkartoffeln
⊛ Speckzwiebeln
⊛ Zwiebelcrunch
⊛ Bratkartoffelgewürzsalz
⊛ geschnittener Schnittlauch oder Petersilie
Die Pellkartoffel-Scheiben im Schmalz goldbraun anbraten. Speckzwiebeln, Schnittlauch und Crunch dazugeben und abschmecken. Gleich knusprig servieren.