War früher alles besser? Wohl kaum. Es war anders. Zum 70-jährigen Bestehen der NNN blicken gestandene Redakteure auf längst vergangene, aber nicht vergessene Arbeitsweisen zurück.
Digital zuerst oder „digital first!“ lautet die Devise für die heutigen Redakteure und Reporter der Norddeutschen Neuesten Nachrichten. Es geht darum, aktuelle Informationen möglichst schnell in den digitalen Kanälen unserer Zeitung aufzubereiten und den Lesern frisch zu präsentieren – und zwar noch am gleichen Tag und nicht erst einen Tag später in der gedruckten Zeitung. Kollegen, die schon lange bei den NNN sind, können sich allerdings noch an ganz andere Zeiten erinnern.
An Farbfotos war damals noch nicht zu denken
Anfang der 1990er-Jahre verbrachte NNN-Fotograf Georg Scharnweber noch einen Großteil seiner Zeit in der Dunkelkammer mit der umständlichen Entwicklung der Filme. Digitale Kameras? Fehlanzeige. Hier ging es noch richtig um Handarbeit, erzählt der heute 50-Jährige, der seit mittlerweile 30 Jahren für unsere Zeitung arbeitet. „Ich bin mit einer kleinen Nikonkamera mit zwei Objektiven und einer Auswahl an Schwarz-Weiß-Filmen in der Fototasche losgezogen.“
Von den Fotos mussten Papierabzüge gemacht werden, die dann eingescannt wurden. „Der schnellste Computer der Redaktion, ein mit damals beeindruckenden 40 MHz getakteter Macintosh IIfx, übernahm die aus dem Scanner sprudelnden Bits und Bytes“, erzählt Scharnweber. Störungsfreie Technik war durchaus nicht selbstverständlich. „Der Scanner etwa mochte keine hochsommerlichen Temperaturen und nahm sich schon mal hitzefrei.“

Auch sonst lässt sich die Ausstattung der Redaktion von 1993 nicht mit der von heute vergleichen: „Damals gab es beispielsweise keinen einzigen Rechner mit Internetzugang und wenn die Erinnerung nicht trügt, auch keinen einzigen Farbmonitor“, sagt Scharnweber. Alle Bilder wurden in Schwarz-Weiß abgedruckt, was damals Gang und Gäbe war. „In den Feuilletons wurde darüber gestritten, ob die Verwendung von farbigen Bildstrecken überhaupt seriös sei.“
Alles kein Vergleich zu heute. „2023 fotografieren einige Kollegen gleich ganz mit dem Telefon, die Qualität ist erstaunlich gut, niemand hätte dies noch in den frühen 2000er-Jahren für möglich gehalten“, sagt der Fotograf. „Auch sonst sind iPhone und Co. wichtige Helfer, mit ihnen lassen sich Kameras drahtlos fernsteuern, auch das Übertragen der Bilder können die handlichen Geräte übernehmen.“
Damals wie heute: persönlicher Kontakt zu Lesern wichtig
„Das mit den Fotos hat früher echt Zeit gekostet“, sagt auch NNN-Reporterin Maria Pistor, ebenfalls seit 30 Jahren an Bord. „Eigentlich unglaublich. Heute hält man mit dem Handy drauf.“ Maria Pistor ist seit vielen Jahren verantwortlich für die Warnemünde-Seite der NNN. „Damals musste die Warnemünde-Seite immer bis nachmittags fertig sein und kam auf Disketten und mit den Bildern nach Rostock und wurde dort fertig gemacht“, erinnert sie sich.

Was Maria Pistor heute besser findet: „Durch das Internet kann man aktueller als früher sein.“ Social Media habe zudem früher gar keine Rolle gespielt, heute sei es hingegen wichtig. Gerne pflegt sie aber auch weiterhin den persönlichen Kontakt zu den Leserinnen und Lesern. „In die Warnemünder Redaktion kommen die Leute immer noch mit ihren Anliegen oder sprechen mich auf der Straße an“, freut sie sich.
Ganze Spielberichte im Sport noch telefonisch durchgegeben
Am 17. September 1990 wurde der gebürtige Rostocker Peter Richter als Sport-Redakteur bei den NNN eingestellt. Bis heute schreibt der 54-Jährige über das Sportgeschehen in der Hansestadt – mittlerweile zumeist auf seinem Laptop. „Aber damals zunächst noch auf der Schreibmaschine. Es liefen gerade erst die ersten Computerkurse – auf winzigen Bildschirmen in Schwarz-Weiß“, erzählt er. Für die Schreibmaschine gab es Vordrucke. „Und dann bekamst du gesagt, dein Text hat 17,5 Zeilen und die tippst du direkt rein. Und wehe, am Ende sind es 19“, sagt Peter Richter.

Und Peter Richter erinnert sich noch an ein kurioses Interview – in Ermangelung von E-Mails per Brief! „Die in Sassnitz geborene Spitzen-Volleyballerin Ariane Radfan, die im Sommer 1990 nach Italien gewechselt war, beantwortete mir meine Fragen per Post handschriftlich“, erzählt er. Zudem sei es bis Mitte der 1990er-Jahre noch absolut üblich gewesen, ganze Spielberichte telefonisch durchzugeben. „Die Sekretärinnen fürchteten sich vor allem vor dem Kollegen und Dauerfeuer-Diktierer Horst Baumann. Ich zitiere: ,Fredenbeck mit Perunicic: Paula Emil Richard Udo Nordpol Ida Clara Ida Clara – haben Sie das jetzt!´“ Und das alles in ungefähr acht Sekunden. Probieren Sie das mal selbst beim Ablesen!