Im Stadtarchiv landet jede Rostocker Zeitung einmal – so auch jede einzelne Ausgabe der Norddeutschen Neuesten Nachrichten. Das Archiv bietet nicht nur einen Einblick in die Machart früherer Zeitungen, auch gesellschaftliche Umbrüche lassen sich nachzeichnen.
Eine unscheinbare Tür vor dem Lesesaal des Stadtarchivs öffnet sich. Wenige Stufen auf einer Eisentreppe geht es nach oben. Im Raum stehen lange Regale voller grauer Kartons, allesamt Akten der Stadtverwaltung. Sie für die Nachwelt zu bewahren, ist Aufgabe des Hauses von Archivdirektor Dr. Karsten Schröder. Bereits seit 34 Jahren arbeitet er dort.

Doch das ist nicht alles. „Ergänzend sammeln wir die Rostocker Tageszeitungen“, erklärt der 63-jährige studierte Historiker. Vorbei an altertümlich anmutenden Büchern und unzähligen Pappkartons führt die Stahltreppe unter das Dach des 1904 erbauten Archivgebäudes hinter dem Rostocker Rathaus. Dort lagern sie: von den frühesten erhaltenen Zeitungsexemplaren aus dem 18. Jahrhundert bis hin zu den heutigen Druckausgaben. Mittendrin: die Norddeutschen Neuesten Nachrichten, angefangen mit der ersten Ausgabe vom 16. Februar 1953 bis heute.
Die lokalen Zeitungen sind für Schröder eine „ergänzende geschichtliche Quelle“. Fakten sind, im Gegensatz zur Behördenpapieren und Akten, anders aufgearbeitet. Auch das gesellschaftliche Leben spiegelt sich in den Blättern wider. Schließlich wären viele Alltagsgeschichten für immer verloren, hätte sie nicht ein Lokaljournalist aufgeschrieben. Trotz der politischen Einfärbungen, die auch die NNN in der Vergangenheit durchmachte, ist „die Faktentreue sehr gut“, begründet der studierte Historiker die Relevanz alter Zeitungen.

Damit die einzelnen Seiten nicht lose umherfliegen, werden die Ausgaben monats- oder quartalsweise gebunden und als dicke Alben aufbewahrt. In der Form füllen die NNN der vergangenen 70 Jahre mittlerweile etwa zwei Regale.
Bis 1990 war die Zeitung das Parteiblatt der Blockpartei NDPD in der nördlichen DDR. „Ursprünglich waren die NNN eine Landeszeitung für Mecklenburg-Vorpommern“, blickt der Archivdirektor in die Geschichte zurück. Doch bald hatte das Blatt im Gegensatz zu anderen Zeitungen kleinerer Blockparteien eine eigene Lokalseite.

Ein Alleinstellungsmerkmal, das sie mitunter zur Konkurrenz der regionalen SED-Zeitung Ostsee-Zeitung werden ließ. Auch Schröder, der die NNN noch vor der Wende abonnierte, spricht von einem „besonderen Ruf“, den die Zeitung hatte.
Heute können sich im Stadtarchiv alle Interessenten ein eigenes Bild der Tausenden NNN-Exemplare machen. Laut dem Archivleiter kommen meist entweder Wissenschaftler oder Schüler in das Zeitungsarchiv.
Das älteste Dokument im Stadtarchiv indes ist deutlich älter als 70 Jahre. Laut Internetseite ist es ein Handelsprivileg des dänischen Königs Abel für Rostocker Kaufleute aus dem Jahr 1251.